Die Atemtherapie zählt zu den ältesten bekannten Heilverfahren. Durch gezielte Atemtechniken sollen Körper und Geist unterstützt werden. Viele Menschen nutzen im Alltag nur einen Bruchteil ihres Atemvolumens – hier setzen therapeutische Übungen an, um Atmung, Entspannung und Lebensqualität zu verbessern.
Die Wissenschaft hinter der Atemtherapie
Atmen ist weit mehr als ein Reflex: Über das vegetative Nervensystem beeinflusst die Atmung nachweislich Herzfrequenz, Blutdruck und Stresshormone. Studien zeigen, dass bewusste Atemübungen – etwa langsames, vertieftes Ein‑ und Ausatmen – können:
- die Herzratenvariabilität erhöhen (Indikator für Stressresilienz)[1]
- Schmerzempfinden bei chronischen Beschwerden reduzieren[2]
- Angst- und Depressionswerte senken[3]
Wie Atmung Psyche und Physiologie verbindet
Bei Stress wird der Atem flach und schnell. Umgekehrt kann eine tiefe Zwerchfellatmung den Parasympathikus aktivieren, Puls und Blutdruck senken und so zur inneren Ruhe beitragen.
Bewusste Atmung gegen Schmerz und Stress
Methoden wie die 4‑7‑8‑Atmung (4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen) oder das yogische Pranayama können laut Metaanalysen Schmerzschwellen erhöhen und Cortisolspiegel verringern[2][4].
Grundlegende Atemübungen für Einsteiger
- Zwerchfellatmung (Bauchatmung): Eine Hand auf den Bauch, langsam durch die Nase einatmen, bis sich die Bauchdecke hebt; doppelt so lange durch den Mund ausatmen.
- 4‑7‑8‑Atmung: 4 Sek. ein‑, 7 Sek. Atem halten, 8 Sek. ausatmen – ideal vor dem Schlafen.
- Lippenbremse: Durch die Nase einatmen, dann mit fast geschlossenen Lippen langsam ausatmen – hilfreich bei Atemnot (COPD, Asthma).
Atemtechniken und ihre möglichen Effekte
Technik | Kerngedanke | Möglicher Nutzen* |
---|---|---|
Nasenatmung | Luft anwärmen & filtern | Verbesserte Luftfeuchte, mentale Klarheit |
Bauchatmung | Tiefer Zwerchfelleinsatz | Bessere Sauerstoffsättigung, Stressabbau |
Lippenbremse | Verlängerte Ausatmung | Vorbeugung der Lungenüberblähung, Beruhigung |
*Die Effekte sind individuell unterschiedlich und wissenschaftlich teils noch Gegenstand der Forschung.
Atemarbeit in den Alltag integrieren
Kurz‑Übung: Mindful Minute – jede Stunde 60 Sekunden lang bewusst 5–6 tiefe Bauchatmungen. Das stabilisiert das Atemmuster und kann die Konzentration verbessern.
Spezifische Atemtherapie bei Erkrankungen
Bei COPD, Asthma oder Mukoviszidose empfiehlt die Leitlinie gezielte Atemphysiotherapie (z. B. PEP‑Geräte, Zwerchfelltraining), stets als Ergänzung zur ärztlichen Behandlung[5].
Entspannung & Wohlbefinden
In Kombination mit progressiver Muskelrelaxation, Meditation oder Yoga kann bewusste Atmung den Parasympathikus aktivieren und so Schlafqualität und Stimmungslage positiv beeinflussen[3].
Fazit
Atemtherapie ist ein niedrigschwelliges, kostengünstiges Werkzeug, das – richtig angeleitet – vielfältige gesundheitsfördernde Effekte haben kann. Regelmäßiges Üben ist entscheidend, um langfristig von besserer Sauerstoffversorgung, Stressreduktion und gesteigertem Wohlbefinden zu profitieren.
Quellen
- Laborde S. et al. Frontiers in Physiology 2021;12:628790.
- Zaccaro A. et al. Neuroscience & Biobehavioral Reviews 2018;95:11‑26.
- Pascoe M. et al. Journal of Clinical Medicine 2017;6(12):15.
- Gerritsen R. & Band G. Psychophysiology 2018;55(12):e13217.
- Leitlinie „Nicht medikamentöse Maßnahmen bei COPD“ (DGP 2021).
Disclaimer: Diese Informationen ersetzen keine ärztliche Diagnose oder Therapie. Bei gesundheitlichen Beschwerden sollte stets fachlicher Rat eingeholt werden.